SB-003

In »Das Phantom« lädt uns Jenny Schäfer in eine Zwischenwelt ein, die keine begreifbare, konkrete ist, aber doch über das Bild entfremdeter Realität hinausgeht.

Jenny Schäfer war dreimal im Disneyland Paris. Der erste Besuch (1993) wird von ihrem Vater initiiert. Er ist Fan der Sache, denn Disneyland bedient sich egalitär aller Sinne und so boten die untertitelten Animationsfilme früh beiläufige Barrierefreiheit für ihn.

2011 und 2021 besucht Jenny Disneyland erneut und fängt bei den weiteren Besuchen ebenfalls die Eindrücke mit der Kamera ein. Sie umläuft das Parkgelände und fotografiert seine Außengrenzen. Noch immer ist sie Fan, ambivalent und selbst mit Kind da. Aus dieser persönlichen Verwobenheit heraus entstehen Bilder, die uns vor allem Fassaden und gebaute Kulisse zeigen.

Textlich führt uns Elif Akyüz’ Beitrag »Die vergnüglichste aller möglichen Welten«, der sich aus der Mitte des Hefts ausfaltet, an das Phänomen und die Person Disney heran und beleuchtet die historischen Entwicklungen und damaligen Eindrücke der Philosophen(!) auf die Welt der Massenunterhaltung, das Kino, den puren Kommerz der Nachkriegswelt und die schillernden Geschichten des Kapitalismus. Die Fotos und Eindrücke, die den Text einfassen, zwingen uns im nächsten Schritt jedoch zur Realisierung: Jede Fassade hat Zwischenräume. Risse. Struktur.

SB-003 zeigt so eine Komplexität auf, die uns in aller politischer Abgeklärtheit gerne entschwindet: Jede noch so abschätzig beäugte Shopping Mall ist ein aufrichtig menschlicher Ort. Erbaut von Menschen, bezweckt von ihnen und von ihnen genutzt.

Disneyland ist schließlich keine reine Fantasy, sondern ein echter Ort mit echten Menschen und echten Bedürfnissen. Wenngleich wir bei dem Versuch verzweifeln, diesen exemplarischen Ort zu verstehen, ihn über eine Zusage an den Kapitalismus hinaus zu verstehen, bleibt die Frage: Ist es denkbar, dass die Wünsche, die uns in dieser Welt wie Phantome begegnen, nicht auch ihre Aufrichtigkeit haben und eine verzerrte Spiegelung eines echten Begehrens sind, dem nach der besten aller Welten?

Auf der Rückseite von Elif Akyüz’ Text, zwischen den Zwischenwelten Jenny Schäfers, klappt sich tapetenhaft ein Muster aus und ein. Mandy Knospe ixt mit der Wut einer vierfach geballten Faust aus.